Rechtliche Vorsorge für den Ernstfall
Ein Unfall oder eine plötzliche Krankheit kann unser Leben von heute auf morgen auf den Kopf stellen. Für eine solche Situation ist es enorm wichtig, persönliche Wünsche eindeutig zu dokumentieren – für Sie selbst, vor allem aber auch für Ihre Angehörigen. Denn entgegen der weit verbreiteten Annahme sind Ihre Kinder, Ihr Ehegatte oder Lebensgefährte oder Ihre nächsten Verwandten nicht automatisch berechtigt, für Sie zu handeln, wenn Sie es selbst nicht können.
Hinzu kommt: Gerade unter dem besonderen psychischen Druck, der in Krisensituationen auf dem Betroffenen und seinen Angehörigen lastet, fällt es ohne entsprechende Vorkehrungen enorm schwer, die richtigen Entscheidungen zu treffen. Daher sollte der Notfall niemanden unvorbereitet treffen. Hier erfahren Sie mehr zu
Vorsorgevollmacht
Mit der Vorsorgevollmacht soll eine vom Gericht angeordnete Betreuung vermieden werden. Damit wird Ihr Recht auf Selbstbestimmung gestärkt.
Sie können mit einer Vorsorgevollmacht einer oder mehreren Personen für bestimmte Lebensbereiche Vollmacht zum Handeln erteilen. Die Vollmacht können Sie vom Eintreten bestimmter Ereignisse (z.B. Bewusstlosigkeit oder länger andauernde Krankheit) abhängig machen. Außerdem können Sie frei wählen, welche Lebensbereiche Sie erfassen wollen (z.B. Bankgeschäfte, Wohnungsangelegenheiten, Unterbringung in einem Heim) und welche Person für welchen Lebensbereich zuständig sein soll.
Sprechen Sie mit den Ihnen nahestehenden Personen und fragen Sie sie, ob sie die Aufgabe übernehmen wollen und sich ihr gewachsen fühlen. Beschreiben Sie genau, ob diese Personen einzeln oder nur gemeinsam handeln können. Wählen Sie als Bevollmächtigte nur absolut vertrauenswürdige Personen aus. Denn der Bevollmächtigte oder die Bevollmächtigten werden eigenverantwortlich tätig und grundsätzlich nicht durch das Gericht überwacht.
Die Form der Vollmacht
Die Vollmacht muss schriftlich erfolgen und gut lesbar sein. Mindestens erforderlich ist ein eigenhändig unterschriebenes und mit Datum und Ort versehenes Dokument. Noch besser wäre es, wenn Sie den Text handschriftlich verfassen, da dies ein weiteres Indiz dafür sein kann, dass die niedergelegten Regelungen tatsächlich Ihrem Willen entsprechen und Sie die Erklärungen in vollem Bewusstsein abgegeben haben.
Banken, Sparkassen und Behörden erkennen eine Vollmacht oft nur dann an, wenn ein offizieller Vordruck ausgefüllt wurde. Erkundigen Sie sich dort unbedingt. Vollmachten, die Grundbesitz oder bestimmte Erbangelegenheiten betreffen, müssen von einem Notar beurkundet werden, ebenso einige Vollmachten, die Ihren beruflichen Bereich betreffen.
Experten raten generell zu einer notariellen Beratung und Beurkundung, damit Ihre Wünsche richtig wiedergegeben werden und um jeglichen Zweifel an der Wirksamkeit der Urkunde auszuschließen. Finanztest, Stiftung Warentest schreibt: „Lassen Sie sich bei Ihrer Vorsorgevollmacht am besten von einem Notar helfen. Hat er das Dokument beurkundet, werden später keine Zweifel an der Gültigkeit aufkommen. Die Kosten für den Notar richten sich nach der Höhe Ihres Vermögens und liegen in der Regel zwischen 50 und 150 €.“
Aufbewahrung der Vollmacht
Handlungsfähig ist Ihr Bevollmächtigter nur, wenn er den Originaltext der Vollmacht vorzeigen kann. Daher müssen Sie die Vollmacht so aufbewahren, dass sie im Ernstfall schnell zur Hand ist. Dies können Sie sicherstellen, indem Sie
- dem oder den Bevollmächtigten die Urkunde im Original aushändigen und bestimmen, dass die Vollmacht nur im Ernstfall gebraucht werden darf,
- bei notarieller Beurkundung ein Exemplar beim Notar hinterlegen,
- den Originaltext auch bei einer anderen Vertrauensperson zu treuen Händen hinterlegen und diese Person verpflichten, sie im Bedarfsfall an Ihre Bevollmächtigten zu übergeben,
- ein kombiniertes Dokument (Verbindung von Vorsorgevollmacht für medizinische Angelegenheiten mit der Betreuungsverfügung) auch beim zuständigen Vormundschaftsgericht hinterlegen,
- dafür sorgen, dass Ihre Angehörigen und sonstige wichtige Personen von der Existenz der Vollmacht Kenntnis haben und auch wissen, wo der Originaltext aufbewahrt ist.
Auf jeden Fall müssen Sie ein Exemplar für sich behalten, um den Inhalt immer wieder aktualisieren zu können. Wenn Sie die Vollmacht widerrufen wollen, müssen Sie auf jeden Fall das Original wieder an sich nehmen, wenn Sie es dem Bevollmächtigten oder einer anderen Person ausgehändigt haben.
Betreuungsverfügung
Mit der Betreuungsverfügung können Sie dem Vormundschaftsgericht Hinweise geben, wen es als Ihren Betreuer einsetzen soll und welche Wünsche Sie an die Ausübung der Betreuung haben, z. B. ob im Pflegefall eine Betreuung zu Hause oder im Pflegeheim gewünscht wird. Genauso können Sie bestimmen, wer auf keinen Fall als Betreuer in Frage kommt. Die Betreuung wird gerichtlich angeordnet, wenn und soweit die gesetzlichen Voraussetzungen eingetreten sind.
Die Betreuungsverfügung steht Ihnen somit neben der Vorsorgevollmacht als zusätzliches Instrument der Selbstbestimmung zur Verfügung, wenn Sie aus verschiedenen denkbaren Gründen keine Vorsorgevollmacht erstellen möchten, z.B. weil es keinen geeigneten Bevollmächtigten gibt.
Patientenverfügung
Von einer Patientenverfügung spricht man, wenn Sie eine Verfügung über die klinische Behandlung oder Pflege im Fall einer Schwersterkrankung abgeben. Mit dieser Verfügung können Sie z.B. bestimmen, ob und unter welchen Umständen Sie lebensverlängernde Maßnahmen wünschen und wann Sie diese ablehnen.
Kombination der Vollmachten und Verfügungen
Obwohl jede Verfügung auch unabhängig von der anderen erstellt werden kann und jede Verfügung einen anderen Adressaten sowie zum Teil unterschiedliche Wirksamkeitsvoraussetzungen hat, kann es sehr sinnvoll sein, die Dokumente zu kombinieren.
Die Vorsorgevollmacht ist sozusagen die erste Hilfe. Da die Verfügung sofort wirksam ist und nicht erst ein gerichtliches Verfahren durchlaufen werden muss, haben Sie für eine sofortige Vertretung im Notfall gesorgt. Diese Verfügung kann zudem eine Verpflichtung für die behandelnden Ärzte enthalten, die bevollmächtigte Person über Ihren Zustand umfassend aufzuklären. Deshalb kann in der Verfügung zugleich die Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht gegenüber dieser Person geregelt werden.
Allerdings lastet auf dem Bevollmächtigten auch eine schwere Verantwortung. Denn er muss schließlich entscheiden, was mit Ihnen geschehen soll, wenn Sie es selbst nicht mehr tun können. Sie sollten ihm deshalb durch die Patientenverfügung bestimmte Mindestgrundsätze der gewünschten medizinischen Behandlung aufzeigen.
Außerdem muss der Bevollmächtigte in bestimmten Fällen, obwohl Sie ihn bevollmächtigt haben, eine gerichtliche Genehmigung einholen (z.B. geschlossene Unterbringung, Gitterbett bzw. Operation am offenen Herzen). Wenn Sie hierzu in der Patientenverfügung bestimmte Gedanken festgeschrieben haben, erleichtert das dem Gericht seine Entscheidung.
Da eine Vollmacht im Einzelfall nicht ausreichend oder auch unwirksam sein kann, sollten Sie auf jeden Fall zusätzlich eine Betreuungsverfügung treffen, in der Sie dem Gericht eine oder mehrere Personen als Betreuer vorschlagen und regeln können, was der Betreuer bei der Erfüllung seiner Aufgaben beachten soll.
Zentrales Vorsorgeregister (ZVR)
Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung sind völlig nutzlos, wenn sie im Bedarfsfall nicht gefunden werden. Deshalb empfiehlt sich eine Registrierung beim Zentralen Vorsorgeregister der Bundesnotarkammer.
Gerichte können vor Anordnung einer gesetzlichen Betreuung über einen besonders geschützten Bereich im Internet bzw. über das Justiznetz beim Zentralen Vorsorgeregister anfragen und klären, ob es eine Vorsorgeurkunde gibt. Diese Anfrage ist zu jeder Zeit und dadurch selbst in Eilfällen noch möglich. Das Gericht kann mit den vorhandenen Informationen die richtige Entscheidung treffen, die dem in der Vorsorgevollmacht bzw. Betreuungsverfügung niedergelegten Willen entspricht.
Braucht zum Beispiel ein Arzt die Einwilligung zu einer lebensgefährdenden Operation, beantragt er beim Gericht die Bestellung eines Betreuers. Ist die Vorsorgevollmacht registriert, kann das Gericht dem Arzt mitteilen, dass eine Vertrauensperson vorhanden ist, an die er sich wenden kann. Auch ohne die Registrierung muss das Gericht zwar ermitteln, ob es Verfügungen gibt. Muss aber die Operation bald durchgeführt werden, kann das Gericht keine umfangreichen Ermittlungen anstellen und muss einen Betreuer bestellen. Nicht die gewünschte Vertrauensperson trifft dann die weitreichende Entscheidung über die medizinische Behandlung, sondern ein vom Gericht bestellter Fremder.