Traurige Frau, die auf dem Sofa sitzt und Donuts isst

Emotionales Essen und Genuss

Um mal ganz leicht ins Thema einzusteigen: warum essen wir überhaupt?
Früher gab es nur einen Grund, aus dem gegessen wurde: um zu überleben. Hunger musste gestillt, Energie aufgenommen werden. Heutzutage sieht das Ganze schon anders aus. Wir essen sehr wohl auch aus Hunger und um zu überleben. Dafür müssen wir aber nicht wie früher große Anstrengungen unternehmen. Wir können in den Supermarkt gehen und tada, ein großes Angebot an Nahrung breitet sich vor uns aus.

Deshalb gibt es in heute neben dem Hunger viele andere Gründe, aus denen gegessen wird. Das können unter anderem folgende Gründe sein: Gewohnheiten und feste Essenszeiten, Langeweile, Stress, Ärger und Frust, Belohnung oder auch Müdigkeit.

Das liegt unter Anderem daran, dass Essen in uns unterschiedliche Gefühle auslöst, je nachdem, was wir mit dem jeweiligen Lebensmittel verbinden. Der Milchreis, den wir mit der Oma genossen haben, kann ein wohliges, entspanntes Gefühl auslösen. Genauso kann aber etwas, was uns in der Kindheit bspw. aufgezwungen wurde, auch im Erwachsenenalter noch negative Gefühle auslösen und wird deshalb gemieden. Die Lebensmittel, die in uns gute Gefühle auslösen, werden häufig unterbewusst genutzt, um negative Gefühle zu kompensieren. Da sind wir auch schon beim heutigen Thema: emotionales Essen!

Mitarbeiterin Frauke vor dem Berge

Unsere Ernährungsexpertin Frauke Vor dem Berge

Emotionales Essen klang für mich immer nach etwas Positivem. Jetzt bin ich mir da nicht mehr so sicher. Was genau ist denn nun emotionales Essen?
Beim emotionalen Essen greift man zur Nahrung, ohne dass ein klassischer Hunger besteht. Man hofft, negative Gefühle durch die Nahrungsaufnahme kompensieren zu können. Leider heben die Naschereien nur kurzfristig die Stimmung und schon bald melden sich Reue und das schlechte Gewissen, das Gefühl und die Ursache dahinter werden aber nicht bekämpft.

Bei ungesundem bzw. emotionsgesteuertem Essen findet in unserem Kopf ständig ein innerer Dialog statt. Häufig wird aus ein paar Stückchen Schokolade die ganze Tafel („Jetzt ist es eh schon egal“), oder die ganze Chipstüte geleert („Ich brauche das jetzt einfach“). Wir alle kennen diese und andere Sätze, die uns dazu verleiten mehr zu essen, als wir uns vorgenommen haben.

Wie kommt es denn dazu, dass wir uns so „steuern“ lassen?
Unsere Emotionen können zu Konsum führen. Dieser Konsum hat dann oft wieder Emotionen als Folge. Leider sind diese nicht immer positiv. Das schlechte Gewissen kommt oft schon mit den ersten Bissen auf. Man resigniert und zack, wird die Packung restlos geleert.

Während dieses Vorganges findet in unserem Kopf ständig der bereits angesprochene innere Dialog statt: „Das habe ich mir heute wirklich verdient“ -> Griff zur Schokolade -> Erstes Schokoladenstück wird oft nebenbei konsumiert -> Unbewusst ist das erste Stück schon weg und die Schokolade noch gar nicht richtig „geschmeckt“ worden -> Es wird die restliche Tafel geholt -> Ein weiteres Stück wird gegessen -> Gedanken wie „jetzt ist es eh schon egal“ kommen auf. -> Der Rest der Tafel wird verzehrt. -> Mit dem letzten Bissen ist keine Spur mehr von Genuss und gutem Gefühl der Belohnung zu finden.
 
Wie kann ich denn den inneren Dialog stärken?
Es ist durchaus möglich, diese Spirale zu durchbrechen. Man sollte sich aber im Klaren sein, dass dies nicht von heute auf morgen geht. Sie müssen Energie investieren und auch mit Rückschlägen rechnen. Zu Beginn ist es wichtig, die Gründe für die Nahrungsaufnahme zu erkennen.

Selbstwahrnehmung ist die Grundlage für selbstreguliertes Handeln in eine gesunde Richtung. Beobachten Sie sich selbst – erkennen Sie die Gefühle, die Sie umtreiben, wenn Sie nicht aus Hunger zum Essen greifen. Ein Ess-Gefühlstagebuch kann helfen. Notieren Sie sich bei jeder Mahlzeit/Snack, warum Sie gegessen haben – Ehrlichkeit zu sich selbst ist bei diesem Schritt sehr wichtig! Versuchen Sie die Ursache für Ihr Gefühle zu ergründen und eine Lösung zu finden.

Testen Sie achtsamkeitsbasierte Techniken aus, die Hunger- und Sättigungswahrnehmung und Selbststeuerung des Essverhaltens fördern. Hier kann ein sogenannter Ressourcenkoffer helfen. Dieser wird in guten Zeiten mit Techniken gefüllt, die statt des Essens durchgeführt werden können.
 
Was können das für Techniken sein? Haben Sie ein paar Tipps für die Stress-Essenden unter uns?
Ärger, Stress und Frust lösen sich keinesfalls durch Essen auf. Teilweise wird durch Frustessen Stress und Frust noch größer. Nicht nur aus dem Grund ist es wichtig, sich mit dem Thema Stress und wie er gehandhabt werden kann, zu beschäftigen. Stress führt zur Ausschüttung von Adrenalin und Cortisol. Diese Hormone werden durch Essen nicht abgebaut – aber durch verschiedene andere Dinge wie Bewegung, Meditation, Atem-Techniken, …. Finden Sie Ihr persönliches Anti-Stress-Medikament!

Durch Selbstreflexion kann es gelingen, Stressoren, wie beispielsweise Beziehungsprobleme, Ärger auf der Arbeit oder auch eigener Leistungsdruck, rechtzeitig zu erkennen und zu eliminieren. Falls dies nicht möglich ist, kann man versuchen, die eigenen Gedankenmuster umzustrukturieren. Fragen Sie sich zum Beispiel, was im schlimmsten Fall geschehen kann, wenn etwas schiefgeht – und dann auch, was im besten Fall passieren kann.

Es gibt verschiedene Wege – es lohnt sich diese auszuprobieren und an Gelassenheit zu gewinnen sowie emotionales Essen zu erkennen und zu verhindern.
 
Ich esse ja gerne beim Fernsehen – ohne meine Chips oder Gummibärchen geht gar nichts! Oder wenn ich gelangweilt bin.
Ich denke, das kennen viele von uns! Ich selber habe dies auch erst während des Studiums realisiert. Zum Glück – so konnte ich es ändern. Selbsterkenntnis ist immer der erste Schritt zur Besserung. Natürlich passiert dies nicht über Nacht, aber wenn man sich Zeit gibt und daran arbeitet, ist es möglich, sich von solchen Gewohnheiten zu lösen.

Bei Langeweile liegt es auf der Hand – suchen Sie sich eine andere Beschäftigung. Auch hier eignet sich ein Ressourcenkoffer. Legen Sie sich eine Box an, in die Sie Zettel mit verschiedenen Aktivitäten legen. Dies können Hobbies sein, aber auch Dinge, die im Haushalt anliegen. Es sollte aber nichts sein, was Sie absolut gar nicht ausstehen können. Wenn Sie dann in der Situation sind, in der Sie zur Schokolade greifen wollen, greifen Sie stattdessen in die Box und ziehen einen Zettel raus. Was Sie notiert haben, üben Sie nun aus. Und hoffentlich verschwindet der Drang nach der Schokolade von alleine.

Diese Methode mag banal klingen, aber ist sehr effektiv, da unser Gehirn in den Situationen meist nicht mehr fähig ist, von alleine auf diese Alternativen zu kommen. Der Ressourcenkoffer ist also für verschiedenste Situationen eine hilfreiche Sache.

Häufig will man sich ja auch für erledigte Aufgaben, durchgestandene Situationen oder stressige Tage mit Essen belohnen.
Dies ist oft ein Relikt aus Kindheitstagen. Viele Eltern (und auch Großeltern) neigen dazu, Essen und speziell Süßigkeiten als Belohnung einzusetzen. Waren die Kinder besonders brav, haben sie ihr Zimmer aufgeräumt, einen unleidigen Arztbesuch überstanden, wird eine Belohnung in Form von Eis, etc. versprochen. Wie Sie schon merken, kann sich dies bis in hohe Erwachsenenalter auswirken, indem wir lernen, dass wir uns mit (oft ungesunden) Lebensmitteln belohnen können.

Versuchen Sie dieses Muster zu durchbrechen. Überlegen Sie sich, mit welchen nicht essbaren Dingen Sie sich belohnen können. Dabei geht es um die kleinen Dinge, die man direkt machen kann – es können natürlich auch der nächste Urlaub oder ein Konzertticket sein. Jedoch muss man hierfür durchaus langfristiger durchhalten. Um geeignete Belohnungen zu finden, können Sie sich folgende Fragen stellen: Was macht mich glücklich? Wobei muss ich lachen? Was mache ich gerne? Notieren Sie sich Ihre persönlichen Gute Laune-Garanten, sodass Sie immer etwas parat haben – ein Schaumbad, das Buch, was Sie schon lange lesen wollen, die neue Pflanze für den Balkon, … werden Sie kreativ!
 
Bedeutet das, dass ich mir jeglichen Genuss verbieten muss? Kein Kuchen mehr am Nachmittag?
Sie müssen nicht auf Genuss verzichten. Aber lassen Sie den Genuss wirklich Genuss sein, kein schnelles Herunterschlingen. Denn für viele ist Genuss keinesfalls selbstverständlich – viele Menschen haben Schwierigkeiten, vor allem das Essen zu genießen, weil zum Beispiel das schlechte Gewissen dieses Gefühl von Anfang an verhindert oder sie haben es verlernt. Fragen Sie sich, wann Sie das letzte Mal so wirklich etwas genossen haben, mit allen Sinnen, ohne Eile und voller Aufmerksamkeit. Wenn Sie etwas essen – sei es aus Hunger oder Appetit – machen Sie dies mit voller Aufmerksamt (kein Handy, Fernseher oder andere Ablenkung) und lassen Sie sich Zeit. Nur so kann Ihr Gehirn den Genuss voll erleben. Da ist auch das Stück Kuchen am Nachmittag kein Problem.

Es kann auch helfen, den Genuss zum Beispiel mit einem Stück Schokolade zu trainieren. Nehmen Sie ein Stück zu Hand, betrachten Sie es, schnuppen Sie daran. Dann kommt es erst in den Mund. Und nun nicht direkt draufloskauen. Lassen Sie das Stück Schokolade langsam im Mund zergehen. Sie werden merken, dass Sie neue Aromen entdecken können oder dass die Milchschokolade bspw. doch sehr süß ist. Ein Stück Zartbitter-Schokolade wird Ihnen so genossen viele Aromen bescheren, sodass meistens nach 2-3 Stückchen spät. die Lust befriedigt ist.

Das Wichtigste bei all diesen Tipps ist: Geben Sie sich Zeit. Oft sind es Gewohnheiten, die Sie schon jahrelang  haben. Dies lässt sich nicht von heute auf morgen ändern, Rückschläge sind normal. Mit jedem Mal aber, bei dem Sie es geschafft haben, wird der Grundstein für das neue, bewusste Essverhalten gelegt. Und dadurch sind Sie motiviert, auch das nächste Mal durchzuhalten. Kleine Schritte werden zum Erfolg führen, bleiben Sie dran!

Dies ist ein EXTRA der BAHN-BKK, das über die gesetzlichen Leistungen hinausgeht.

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